Vorträge: Gemüsebau und Ernährung

Vorträge: Gemüsebau und Ernährung

28. Oktober 2019 0 Von admin

Vorträge: Gemüsebau und Ernährung

Unter dem Motto „Eine gesunde Alternative fürs Neugut“  hat die Initiative Ludesch am 24.10.19 einen Vortragsabend im Gemeindezentrum Ludesch veranstaltet. Wir wollten bewusst keine Wahlkampfveranstaltung inszenieren, sondern fachlich fundierte Sachinformation über zwei Aspekte der geplanten Erweiterung der Getränkeindustrie in die Landesgrünzone und das Grundwasserschongebiet untere Lutz vermitteln.

Es waren Fragen, die uns zu den Themen der beiden Vorträge motivierten.

Was geht verloren, wenn die Böden verbaut werden? Wie können sie sinnvoller genutzt werden? Unter welchen Bedingungen hat der Gemüsebau in Ludesch eine Zukunft?

Vortrag von Ing. Helmut Hohengartner. Er ist begeisterter Arche Noah Sortengärtner, gerichtlich beeideter Sachverständiger für Feldgemüsebau und betreibt gemeinsam mit seiner Frau Beatrix eine Unternehmensberatung in Sachen Gartenbau.

Wie riskant sind zuckerhaltige Getränke für die Gesundheit? Was hat die geplante Produktionserhöhung mit unseren Konsummustern zu tun?
Vortrag von Mag. Angelika Stöckler. Sie ist freiberufliche Gesundheits- und Ernährungswissenschaftlerin, entwickelt und begleitet landesweite Gesundheitsförderungsprojekte (z.B. Mehrwert für Alle).

Ein interessiertes Publikum konnte zwei spannende und informative Vortrage hören. Sofern uns der Endspurt in Sachen Volksabstimmung Zeit lässt, werden wir demnächst ausführlicher auf die Inhalte der beiden Vorträge eingehen.

Hier fürs erste das Resümee des Vortrags von Ing. Hohengartner.

Die gute Nachricht: Im Neugut wächst alles. Es gibt keine idealeren Flächen für Gemüsebau in Vorarlberg als die Böden im Neugut. Das Potential für Gemüse- und Feldfruchtbau ist enorm. Die Möglichkeiten das Neugut zu nutzen sind vielfältig. Das Beispiel Tirol zeigt: Gemüsebau hat auch im alpinen Raum Zukunft und schafft langfristig sinnvolle Arbeit. Umriss eines ganzjährigen Bewirtschaftungsplans, der eine gewerbliche Existenz ab 1ha sichert – zwei  Arbeitskräfte, ganzjährig bebaute Beete in Kombination mit Grünland, auf dem die Nährstoffzufuhr produziert wird, ein Wirtschaftsgebäude. Andere Formen der Produzenten-Konsumenten Beziehung sind preiswertere Alternative zum Supermarkt und werden in Österreich bereits vereinzelt praktiziert. Aufbau einer Lager- und Vertriebsstruktur ist unumgänglich. Gemüsebau auf Dachflächen sind kein Ersatz. Boden braucht langfristige Pflege und ist nicht zu ersetzen. Bodenschutz ist Klimaschutz. Österreich ist Europameister beim Bodenverbrauch. Wir sind für den Erhalt von Boden verantwortlich. Es gilt wieder in langfristigen Zeithorizonten zu denken.

Der Vortrag von Frau Mag. Stöckler bot einen Überblick über unsere Ernährungsgewohnheiten, unterschiedliche Ernährungsstile und einen Einblick in gängige Entscheidungsmuster beim Einkauf. Fazit Soll: weniger Zucker, weniger Salz, weniger Fleisch, mehr Obst und Gemüse, mehr Getreide als Lieferant von komplexen Kohlenhydraten und Ballaststoffen. Ein unüberhörbares Plädoyer für mehr Regional und Saisonal – Stärkung der heimischen Landwirtschaft und kürzere Transportwege – , mehr Bio, Fair Trade und Tierwohl, für mehr Ernährungsbildung und für eine vollwertigere Verpflegung in öffentlichen Einrichtungen (u.a. Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser).

Ihr informativer Vortrag hat viele Fragen aufgeworfen. Worin besteht die Verantwortung der Getränkeindustrie für die Produkte ihres Sortiments, die Risikofaktoren für die Gesundheit sind? Inwieweit ist die wachsende Zahl der Kranken (Adipositas, Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen, Darmerkrankungen)  als Zeichen eines Systemversagens zu bewerten und nicht – bzw. nie nur – als die Folge von individuellen Fehlentscheidungen?  Worin besteht die Verantwortung der Politik? Wie sinnvoll ist eine Gesundheitsstrategie, die von einer Wirtschaftspolitik konterkariert wird, die unter Ausblendung der Art (Qualität) der hergestellten Produkte nur auf quantitatives Wachstum achtet?

Ein Beispiel: 100 ml Red Bull enthalten 11g Zucker – für die 3.4 Milliarden Dosen Red Bull, die jährlich in Ludesch produziert werden, ergibt das 90 000 Tonnen Zucker.

Klipp und klar: Zuckerhaltige Getränke fördern Adipositas und Diabetes TYP 2.

Eine OECD Studie beziffert die Auswirkung von Adipositas auf das Bruttoinlandsprodukt (BIP) für Österreich mit einem Minus von 2.5% – das sind knapp 10 Milliarden Euro pro Jahr.

10 Milliarden Euro entsprechen dem jährlichen Exportvolumen der gesamten Vorarlberger Wirtschaft. Diese Zahl findet sich im Erläuterungsbericht des Amts der Vorarlberger Landesregierung, der die Herausnahme der Flächen im Neugut aus der Landesgrünzone befürwortet. Sie ist Teil der wirtschaftlichen Beurteilung der geplanten Erweiterung und soll die „besondere Bedeutung des produzierenden Sektors“ unterstreichen.

Wie auch immer. In einer Sache sorgte der Abend für definitive Klarheit: die Minimalvariante einer „gesunden Alternative fürs Neugut“ besteht ganz einfach darin, es nicht zu verbauen!